14. Oktober 2024, Montag

Gestern in einer Zürcher Runde besprochen, was das ist, ein Date. Ich wusste es wirklich nicht (Generationsproblem, ich denke, von Date ist in Deutschland erst die Rede, seit ab den 1990er-Jahren die Fernsehsoap Beverly Hills 90210 auf RTL lief). Ich wollte es genau wissen, auch, weil mir der Satz „Da habe ich ein Date“ oder „Da gehe ich auf ein Date“ gleichzeitig immer hochinteressant und rätselhaft erschienen war (was passiert? Warum sind die nicht einfach verabredet?), und nach etwa zehn Minuten hatte ich im Gespräch mit den drei um 1995 geborenen Zürchern einige wenig überraschende und doch sehr interessante Kriterien zusammen. 

Von einem Date spricht man:
— bei einer Verabredung von zwei Personen 
— bei einer „exklusiven“ Verabredung  (unklar, was genau damit gemeint ist, irgendwie ist es wichtig, dass der Fokus wirklich auf den zweien liegt, die sich da treffen, eine gewisse Konzentration ist nötig, da soll niemand stören und nichts ablenken)
— bei einem gelinde gesagt irgendwie sexuellen Interesse oder Fummel-Interesse, bei zumindest einem der beiden Personen muss ein Interesse vorhanden sein, „etwas mit einander zu haben“
— wenn die beiden Personen zum ersten Mal exklusive Zeit miteinander verbringen, also sich zum ersten Mal dezidiert miteinander sehen (ein Date ist nicht mehr möglich, wenn man sich schon gut kennt oder sogar in einer Paarbeziehung miteinander lebt).
— wenn dem Abend eine gewisse Planung vorausgeht (Kinokarten kaufen, einen Tisch reservieren etc.). 

Beim Endlich-alles-über Daten-Erfahren merkte ich auch: Ich weiß bis heute eigentlich nicht, was das ist, ein schönes Abendessen unter Freunden. Ich habe das nie erlebt, also, Moment, ich erinnere mich genau, dass Leute, als wir in unsere späten Zwanziger kamen, öfter mal „zu Abendessen“ eingeladen waren oder selber welche gaben, also „Freunde zu Hause hatten“. Der Satz hieß: „Heute haben wir Freunde zu Hause.“ Oder: „Heute haben wir Freunde zum Essen da.“ Und ich dachte schon damals: Warum bin ich eigentlich nie zu so etwas eingeladen?

Irgendwie, im Ernst, war ich immer zu asozial für nette Abendessen zu Hause, mich wollte nicht jemand an einem Tisch haben, auf dem Selbstgekochtes stand. Stattdessen hieß meine Verabredung immer: Später noch auf ein Bier? Wir haben natürlich abends auch irgendwas gegessen, aber eher stehend, nebenbei, oder bei preisgünstigen Italienern, aber doch nicht zu Hause (irgendwie zu intim und irgendwie auch zu wenig fremde Leude an den Nachbartischen, die man angucken kann). Der Kühlschrank wäre eh nie vorbereitet gewesen auf eine Abendessen-Einladung, das lag eine alte Hautcreme drin und ein halber Liter Milch.  

Lustig auch: Als ich gestern in einem der amtlichen Gasthäuser der Region gegen 12 Uhr mittags zu einem frühen Mittagessen einkehrte, beschimpfte mich eine mir vollkommen unbekannte, mir eventuell aber doch von irgendwoher bekannte Frau (wie so oft hier auf dem Land) als „zweitklassigen Schauspieler“. Und ich dachte sofort: Ist okay, das haut so für mich hin, da fühle ich mich angesprochen. Zweitklassig und dann noch Schauspieler, das bin ich.

Draußen fand der Herbst statt, so kalt, so nass, so ungemütlich und gleichzeitig so gemütlich, wie der Mensch es einfach nur liebt.

Und zufrieden trank ich am gestrigen Sonntag zur einer frühen Mittagszeit mein erstes, erstklassig gezapftes Helles und dachte: reiches Leben, große Welt, weiter so, meine Freunde, Liebsten, Leude, I am coming