10. Juni 2024, Montag

Europawahl: ohne Überraschung. Die nationalsozialistische Partei, die aus Deutschland ein hässliches, dummes, unfreies, schwulenfeindliches, wirtschaftlich abgehängtes, komplett debil vor sich hinwerkelndes Land machen möchte, in dem man wieder mit D-Mark bezahlt und der Burger mit Sauerkraut und Schweinefleisch serviert wird, gewinnt (im Osten stärkste Partei, im Westen Platz zwei). Sehr schade. Und leider auch: sehr, sehr schwer zu begreifen. Also ich persönlich verstehe es leider wirklich überhaupt nicht. 

Wie gingen im Osten jetzt eigentlich die Kommunalwahl aus? Dazu hört man irgend wie nichts. Da muss ich jetzt dringend mal bisschen zu nachlesen gehen (in diesem Internet, das mittlerweile ja leider auch Putin und Tino Chrupalla gehört). 

Nimmt man die Zugewinne bei jungen Menschen als Maßstab, sollte man als sich denkender Mensch jetzt also ab sofort kümmern um:

AfD
Volt
Bündnis Sahra Wagenknecht 

Das wird schwer. 

Was man in diesen Tagen sonst so zum Erfolg der AfD bei der Europawahl sagt, als Sawsan Chabli, überhaupt als Instagram-Mensch: Das ist kein Protest.

Ah jaaaaaa. Was ist es dann?

Purer Nationalsozialismus? Lust mal auf was anderes? Lust, bei den Starken, der Avantgarde, den Lautesten, der kommenden, alles plattmachenden Kraft dabei zu sein? Einfach Lust darauf, kein guter Mensch zu sein, also lieber bei den Hässlichen dabei sein, den Dummen, Groben, Brutalen, den Stumpfsinnigen, Gemeinen, Minderbemittelten, den Zerstörern als bei den langweiligen, doofen Guten? 

Wahrscheinlich ist es das, ja. 

Ich verstehe, dass man etwas kaputt machen möchte. Das verstehe ich immer gut. Ich verstehe auch, dass man asozial sein und unfassbar hässliche Dinge sagen möchte. Man kann nicht von Fan von Pop sein, ohne nicht auch einen SINN für das Asoziale, das Gemeine, das Hässliche, das Kaputte zu haben, das weiß doch jeder. 

(Siehe hierzu auch: „100 Fragen an Lemmy Kilmister“, erschienen im SZ-Magazin, vor Tausend Jahren.
41. Wen wollten Sie mit dem ö in Motörhead ärgern?
Niemanden. Es sah einfach gemeiner aus. Deutscher.)

Jetzt sagen mir hier mediumkluge Menschen, und das vollkommen zu recht: Die AfD ist kein Pop, Moritz. Sie swingen nicht. Sie haben kein Rhythmus. They are no fun. Sie wollen ein mieses, kleines, rückständiges, provinzielles, menschenfeindliches, kunstfeindliches Land. Sie wollen ein Land, das aussieht wie Tino Chrupalla, so schweinchenschlau, stahlbrillig, verbissen, passiv aggressiv, mit total gesunden, mittelpreisigen Halbschuhen und den berühmten schwarzen Knöpfen in weißem Oberhemd, nicht ganz unsympathisch, stimmt auch wieder, er ist ja Handwerker, aber leider eben mit Vorbehalten, so ganz unterschwelligen, augenzwinkernden, im Zweifelsfall aber beinhart durchgesetzten, gegen Schwule, Lesben, Ausländer, unsere jüdischen Mitbürger, gegen undeutsche Theaterautoren, gegen Quatschköpfe — das ist leider nicht so schön, das ist nicht gut, das ist brutal und sehr, sehr gefährlich. Die flotten, fröhlichen, gerade so wahnsinnig gut gelaunten, neuerdings auch mal großzügig auftretenden Leute von der AfD, sie wollen: alles, was du hasst, Moritz – was kluge Menschen hassen und bekämpfen müssen, by all means. 

Ich weiß. 

TikTok-Star Maximilian Krah

Fick dich, du fxxx, hässliche Nggggxxxxx.
Du Windelträger.
Fnnnngxxxxx.

Und: Die AfD schließt ihre fetteste, hösslichste Ngggxxx, den Windelträger, das krrrrx Sxxxxngggx, den Russen-Sympathisant, den chinesischen Spion aus ihrer Europaparlament-Delegation aus.

Vöööööööllig losgelöst/
Von der Erde/
Schwebt das Raumschiff/ 
Völlig schwerelos

Größte Hoffnung in diesen Tagen: dass wir in den nächsten Wochen noch öfter ein ganzes Stadion Tom Schillings Major Tom (Völlig losgelöst) singen hören. Das ist wirklich so schön. Ich sage hier mal, ganz platt: Wo Stadien Tom Schillings Major Tom singen, da hat der Nationalsozialismus noch nicht vollständig gesiegt. Das war damals, im Glücksjahr 1982, schon so ein wirklich superschöner, absolut glücklich machender Hit, ich erinnere mich genau, an dieses 82er-Feeling (Vanilla Hosen, WM, Panini-Bilder sammeln, Hausbesetzer-Krawalle in Berlin und dieses Spätpunk-Igelfrisur-mit-Pattex-verklebte-Haare-Sicherheitsnadeln-in-Lederjacken-Tum in den U-Bahnhöfen). Jetzt muss Deutschland nur noch ein Spiel gewinnen oder zumindest mal ein Tor schießen. Auch das wird, wieder, nicht ganz einfach. Oh Gott.

Janina Korn, 40, Schauspielerin, mutmaßliche Tochter des Schlagersängers Tom Schilling (der Vater verlangt von der Tochter laut BILD-Zeitung einen Vaterschaftstest): „Immer, wenn ich das Lied im Radio höre, muss ich weinen.“

Das ist okay, wenn man mal weinen muss.
Das ist okayyyyy.

Sorry.

Tolles Interview mit Carsten Maschmeyer in der SZ.

Die Fahrt aus Pristina in meinen schönen, kühlen, stillen Wald, in dem geschichtetes Kaminholz, Leberknödelsuppen-Dosen und die wunderschön aussehende DG-Aufnahmen der Davidbündlertänze warten, zieht sich.