Samstag, 15. Juni 2024, 1:10 Uhr
Das Reh Musiala.
Die Antilope Havertz.
Der ultrasympathische Fischotter Füllkrug.
Die zarteste, höflichste, unangeberischste deutsche Fußballmannschaft, die es je gab (bis, natürlich, auf den eitlen High-Fashion-Poser Sané).
So geil, wie der ZDF-Moderator Jochen Breyer seine erstaunten Co-Moderatoren Kramer und Mertesacker gleich nach Abpfiff des einfach nur herrlichen 5:1 gegen Schottland immer wieder fragte, ob die zu frühe Euphorie jetzt nicht ein ganz großer Fehler sei. Im Gründe genommen hieß das: Die gute deutsche schlechte Laune jetzt bloß nicht leichtfertig aufgeben, immer schön finster bleiben — bloß nicht zu frei, zu glücklich, zu locker, zu mutig, zu großspurig, eventuell gar großartig oder genial auftreten, uns besser an die guten deutschen Tugenden halten, Verklemmtheit, Angst, Mittelmäßigkeit, Masoschismus, Mickrigkeit, Hass, Selbsthass, besser deutscher Querpass als genialer steiler Pass vors Tor.
19.15 Uhr:
Till & Sabrina unter der großen Linde.
Es ist gleichzeitig scheißekalt und sonnig warm, dabei aber vor allem kalt. Sehr schön.
Jetzt noch einmal: die Allee.
The Wolken.
Riesenthema Älterwerden.
Eine Flasche Autan Forte (150 Milliliter), vom Schweizer Tropeninstitut empfohlen, enthält: Ethanol.
Und noch mal eine andere Frage: Warum bin ich denn nur immer so furchtbar lustig? Und warum fällt mir kaum etwas so leicht wie das? Ist das Selbstschutz, also letztlich einfach eine Manöver, mit dem man sich GEGEN MENSCHEN WEHRT, also etwas, mit dem man einfach gut durch die etwa 250 unangenehmen und scheußlichen Momente kommt, die in einem ganz normalen Tag unter Menschen begegnen?
Ein echter Hit-Moment im für den Sonderband von Text+Kritik geführten Gespräch mit mir, das er, der Super-Rainald, in seinem neuen blauen Büchlein wrong (Edition Suhrkamp 2827, erschienen im Mai 2024) über 29 Seiten dokumentiert: Gespräch über den Beruf des Redakteurs. Er hatte nach dem Bösen, dem Hass, der Verachtung gefragt, die man unweigerliche so manchen Leuten gegenüber empfinde, und ich, bisschen hochtourig, auch bisschen angeberisch, aber doch ganz meiner Erfahrung, also auch der Wahrheit entsprechend, hatte gesagt, dass ich an Humor glaube, an das Gags-Rauspowern, an die bösartigen, komplett unaussprechlichen Gags in möglichst öffentlichen Momenten. Er darauf, ansatzlos, für mich vollkommen überraschend, mit dem Moment des ersten Ausgesprochen-Werdens sofort plausibel, ich erschrak sehr, weil es eben beides, die vollkommen naheliegende und vollkommen unerwartete Antwort war und sie mich kalt erwischte, und wusste sofort, dass mich diese Sätze verfolgen würden, genau das, über Jahre: „Ja, Humor ist die härteste, oft besonders grausame Waffe, deswegen mag ich Humor so wenig.“
Wie oft hatte ich Rainald ins Gesicht geschaut und gesehen: Okay, er versteht es null, er steht voll auf dem Schlauch, er vergisst einfach, über ganze Jahre, dass es so etwas wie Ironie gibt, dass also: etwas anders oder noch besser in der vertikal gegenteiligen oder sinnverkehrenden Art gesagt werden kann, als es der Sprecher/ die Sprecherin eigentlich meint. Er, Rainald: keinen Bock auf solche Verrenkungen. Sag doch einfach das, was los ist. Was du sagen möchtest. Schön.
Sturmzeit
Sechs Jahre
Die Betrogene
Die Rosenzüchterin
Am Ende des Schweigens
Einsamen, sorry nein, Einsame
Sorry. SORRY (jetzt war ich ja schon wieder superlustig, sorry).
Auflage ihrer Romane, allein in Deutschland: circa 33 Millionen.
Charlotte Link sagt auch (rührendes Foto auf Instagram mit Hund, der ihr die Hand ableckt): „Manchmal wirft einem das Leben ganz schön große Steine in den Weg.“ Sie glaube aber fest an ihre Rückkehr.
Wir wünschen auch von dieser Stelle: Alles, alles Gute!
21:49 Uhr. Italien führt zur Halbzeit gegen Albanien 2:1. Der humorloseste Mensch im Business des Fußball-Blas im deutschen Fernsehen: Thomas Hitzelsberger. Er kann, egal, was gerade auf dem Bildschirm passiert, nichts Interessantes sagen (ist ja nicht schlimm).
Das erste Fashion Item, das wir aus der EM mitnehmen, natürlich: den albanischen Eierwärmer, die weiße Filzkappe. Die Qeleshe. Plis. Ungefärbte Wolle, Brüder.