18. Juni 2025, Mittwoch

Gegen siebzehn Uhr zur Hälfte des schönen Monats Juni — zur siebzehnuhrigsten Stimmung, die eine oberfränkische Landschaft überhaupt haben kann — ging die Tour los, nach Selb, über die Dörfer.

Grünhaid
Reichenbach
Lauterbach
Wildenau, an der tschechischen Grenze
Längenau/ Dürrewiesen
Über die Teiche (Markgrafenteich, Steinfurter Teich, Breiter Teich).

Fürst Rehwagen fuhr stets zehn Meter vor, dirigierte, zeigte hier und dort hin, wusste zum Beispiel auch immer, welche der oft gut dunklen, schwarzen, sehr fränkischen, Michael-Haneke-artigen Bauernhöfe und -häuser zu verkaufen waren.

Wir fahren E-Bikes (haha), ich trug seit heute eine weißen Fahrradhelm (hahaha, um Gotteswillen) der Marke Casco. Lustiges Gespräch gestern mit dem jung und gut und modern und auftrainiert aussehenden Verkäufer des Fahrradladens in Rehau:

„Geben Sie mir doch bitte einen dieser scheißdreck Fahrradhelme, die aussehen, als hätte man eine Torte auf dem Kopf.“
Verkäufer: „Sie machen keine Witze mehr über Fahrradhelme, wenn Sie die Räder sehen, die mir hier nach Unfällen in die Werkstatt geliefert werden …“
„Ich mache sowieso keine Witze. Ich bin ein EINSICHTIGER. Ich möchte das nur möglichst schnell hinter mich bringen. Was zahlt man für so eine Torte — dreihundert oder doch eher 150 Euro?“

Er gab mir einen einwandfrei aussehenden Helm in Weiß: 60 Euro, Sonderangebot. „Weiß empfehle ich bei der Hitze“.

Ziel unser Tour: das Meilerfest in Selb, der dunkelbraun schwelende und unheimlich rauchende Meiler (Teer, Kohlensäure, Kohlendioxid, Wasserstoff, Kohlenwasserstoff, Holzkohle-Herstellung nach alter Köhlertradition) zwischen den Eichen am Forsthaus Häusellohe.

Als wir da eintrafen: eine krabatartige Szenerie. Bierbänke, die schwarz gekleideten Köhler, die den Meiler bewachten, das dunkle Bier von der Schlossbrauerei in 95145 Fattigau, eine Mischung aus Death Metal, Mittelalterspielen und Bierbänke-Fest für die ganze Familie. Am Wochenende, wenn der Meiler eine Woche lang Tag und Nacht gebrannt hatte, würde abgelöscht, auf der neu gewonnen Holzkohle drehten sich die Spanferkel.

An den Biertischen: Die Oberfranken, die mit den KÖPFEN, FRISUREN und BÄUCHEN, die das gute Bier halt so wahnsinnig lieb haben — das sind ja um Himmelswillen nicht einfach Oberfranken, man unterschiedet sich durch die SPRACHE, was gestern wieder ausführlich besprochen und anhand vieler Beispiele aus der eigenen Familie und vieler verwandtschaftlich naher Familien illustriert werden musste. Da sind der Hofer Dialekt (vom Vogtländischen beeinflusst), der Bayreuther, Bamberger, Coburger, der Egerländer Dialekt, das Fränkische Oberland (Fränkische Schweiz), und wo genau ist das noch mal, wo man die Wau-Bau-Bow-Laute der Oberpfälzer hört?

Eine Sprachgrenze, demnach auch eine kulturelle Grenze, verläuft sehr nah bei uns am Wald, am Perlenhaus: In Rehau wird ganz anders gesprochen als im etwa sieben Kilometer entfernten Schoiwall (Schönwald). Michael Rehwagen, das musst du mir bitte noch mal alles in Ruhe erklären, ich möchte da wirklich durchsteigen.

Rückfahrt mit leicht zu schnellem Tritt (keine Trunkenheit, aber leichtes Angeheitertsein), in einer Kurve in Plößberg trug es mich fast raus, dieses Mal über Stopfersreuth, Erkersreuth, Selb/ Plößberg.

Oben beim Onkel wurde des Pianisten ALFRED BRENDEL gedacht, am gestrigen 17. Juni mit 94 Jahren verstorben. Mit der aus München stammenden Ehefrau des Pianisten war der Onkel seit den etwa 1970er-Jahren bekannt gewesen, so war es immer mal wieder zu Treffen gekommen, eher beiläufigen, naturgemäß aber auch einigen plötzlich nahen/ unvergesslichen: Verbindungen.

Haydn, Mozart, Beethoven. Und natürlich Schubert.

Gemeinsam hatten der Onkel und ich den Pianisten mal — geschätzt im Jahr 1998 — nach einem Konzert in München in einer Runde in einem Hinterzimmer in einem zu diesem Anlass gerade so ausreichend vornehmen Münchner Italiener, wie da gerne gesagte wird, erlebt. Hubert Burda ludt ein und gab dann auch gleich durch, welche Vor- und Hauptspeisen bitte zu bestellen seien, er zahle ja schließlich die Rechnung, zur Burda-Runde gehörten außerdem: Michel Krüger und seine Frau Ariane, einer Urenkelin Hinderburgs (why not), die in Echt schon echt sehr gut aussehende Maria Furtwängler, Sir Peter Handke nur knapp nicht. War Joachim Kaiser auch dabei, oder erinnere ich das falsch? Unklar, mir sind jedenfalls einige Geschichten vertraut, in denen die beiden Könige, der Maestro und der Kritiker, sich bei RUNDEN begegneten und das Gespräch stets respektvoll erstarb. Brendel sagte nur wenig und wenn dann: Ultrasympathisches, eventuell auch enorm Unterhaltsames. Ich erinnere auch: Er war so angenehm groß (über einen Meter 85?), und er hatte diesen Brendel-Kopf (große Stirn, die gütigen, klugen, stets zu einem Gag aufgelegten Brendel-Augen, Zähne, Kinn).

„Gegen Abend desselben Tages kam ein Besuch in das Rosenhaus“ (Nachsommer).