2. November 2024, Samstag
Unten vor dem Haus unseren Herrn Roth getroffen, er kümmert sich um Garten, Bäume, Wege, jetzt im Herbst recht er das Laub. Und ich sagte, vors Haus tretend, auf halbem Weg zum Auto: „Guten Morgen, Herr Roth, wie geht es Ihnen?“ Und als nichts weiter kam als ein verhaltenes Nicken: „Viel zu tun, was?“. Und er guckt mich wortlos an, und ich sprach zu mir, kopfschüttelnd, und meinte damit natürlich nur mich selbst, den vors Haus tretenden Chef, nicht Herrn Roth, der sich zu seiner wohl verdienten Rente ein bisschen was dazu verdiente: „Alter, wie doof kann man sein, das musst du hier aber noch lernen.“
Seite Eins Frankenpost heute: „Furcht vor Trump in Oberfrankens Wirtschaft.“ Und im Text heißt es: Gut 200 Unternehmen der in Bayreuth ansässigen Kammer haben Niederlassungen oder Produktionsstätten in den Vereinigten Staaten. Im vergangenen Jahr waren die USA mit einem Volumen von 28,46 Milliarden Euro der größte Exportmarkt für Bayern.
Seit gestern läuft auf meinem iPhone: Old Man Trump, der Podcast der beiden New-York-Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung, Christian Zaschke und Boris Herrmann, von Zaschke hatten mir meine Freunde Lars Jensen (New York) und Philipp Oehmke (viele Jahre in New York für den Spiegel) immer wieder und immer sehr gerne und respektvoll erzählt, in den vergangenen sieben Jahren hatte man von ihm eine wahre Stampada von Trump-Texten und USA-Reportagen lesen können, aus einer herrlichen Tageszeitung-Geschwindigkeit heraus geschrieben und mit einer zu Ende raus dann sehr nachvollziehbaren Verbitterung und mit wunderschönem Grimm, auch mit Verachtung für die Kaputtheit des Bald-Wieder-Präsidenten.
Die Grundfrage des Podcasts ist einfach gut: Wie konnte eine Witzfigur so mächtig werden?
Sein Kollege Boris Hermann wird Zaschkes Korrespondenten-Stelle nun nach sieben Jahren übernehmen, für das sechsteiligen Trump-Hörspiel schmeißen die beiden noch mal alles zusammen, Zaschkes Routine und Kennerschaft, seine Schwärze und seinen Zynismus, und Herrmanns schöne Unverbrauchtheit, seine Ungeduld und Neugierde auf den für ihn noch zu erobernden Kontinent. Wie in der Politik ist es natürlich sinnvoll, dass auch Korrespondenten-Stellen nicht auf ewig vergeben werden, sondern nach drei, fünf oder, wenn es lange dauert, sieben Jahren enden, es wäre bei Christian Bad Zaschke sonst wohl so wie bei Hunter S. Thompson ausgegangen, der Reporter der leading German daily wäre auf Halluzinogenen und mit einer abgesägten Schrottflinte im Kofferraum seines Pick Ups durch amerikanische Wüsten geirrt, auf der Suche nach neuen O-Tönen, die ihn erlösen von seiner Verachtung und den immer selben, schon fertigen Sätzen im Kopf, und nach einem Einstieg für den finalen Trump-Nachruf.
Die sich jetzt schon, gegen halb zwei mittags heruntersenkende Dunkelheit ist ideal, ideal um Text in den Computer zu tippen. Und das mit der #Angst wird leider nicht besser. Ich stehe auf der Seite der Kranken, der Ängstlichen, der Verwirrten, der Einsamen, der grundlos Traurigen, der schwer Verletzten, der Gebeugten, der Zitternden, der Nachts-wach-Liegenden, der immer noch Einsameren, die überhaupt niemanden mehr haben, mit dem sie sprechen können, bei denen, denen die Birne langsam weich wird, sorry, sorry, nur da bin ich, das versteht sich doch ganz von alleine, das ist #normal.