2. September 2024, Montag
Und jetzt plötzlich, bei einem Telefonat mit Andreas Bernard, der vor dem Schumanns sitzt und auf seinen Sohn wartet, bricht es auch aus mir hervor (sorry, sorry):
Es ist so absolut entsetzlich.
Es ist genau so epochal schlimm und EINE ZÄSUR für die Bundesrepublik Deutschland, wie sie alle und Anne Hähnig und Martin Machowecz und die anderen gnadenlos kühl und analytisch hinguckenden Kommentatorinnen und Kommentatoren seit Monaten vorhergesagt haben und gestern Abend bei den routiniert einberufenen Runden (Caren Miosga etc.) noch mal sehr klar gesagt haben:
In Thüringen hat ein brabbelnder Vollidiot und Nationalsozialist 79 Jahre nach Kriegsende und auf den Tag genau 85 Jahre nach dem Überfall auf Polen ein Drittel der Stimmen geholt.
VORLÄUFIGES AMTLICHES ENDERGEBNIS: 32,8 Prozent.
Scheiße.
Und nach dem ich wochenlang praktisch keine Meinung mehr hatte zu AfD und der ganzen Rechtsradikalismus-Scheiße, weil ich so überfordert war — von der ganzen Wirklichkeitsverweigerung, von der ganzen Dummheit —, fühle ich jetzt, wie schlimm es tatsächlich ist.
Es ist ganz schlimm.
Was sollen wir tun?
Ich weiß es nicht.
Was sollen wir den Menschen in Thüringen sagen, die nicht AfD gewählt haben?
Ich weiß es nicht.
Menschen sind böse.
Menschen sind dumm.
Menschen sind das allerletzte.
Man sollte Menschen wie Björn Höcke mit Zaunlatten und Spaten auf den Kopf hauen und Thüringen nach Russland verkaufen. NEIN! Auch das ist nicht richtig. Ich habe das nicht gesagt. Ich meinte es nicht so.
Angst.
Angst.
Horror.
Ich zittere.
Ich fühle mich dumm und klein.
Ich möchte mich in die Erde eingraben und nie mehr sprechen.
Wie sagte der große Die Gänserupferinnen-Maler und Secessions-Gründer Max Liebermann einst, angesichts der Machtübernahme Adolf Hitlers? „Ich kann gar nicht so viel Pilsbier trinken, wie ich kotzen möchte.“ So ist es. Es ist genau so, Max!
Weinen für Deutschland (Björn Höcke)
Was hätte mein Vater, 2022 86jährig verstorben, gesagt? Er sagte 1990, vor der ersten gesamtdeutschen Wahl: „Ich gehe fest davon aus, dass etwa 25 Prozent der demokratisch vollkommen ungebildeten Menschen in den neuen Bundesländern einer rechtsradikalen Partei ihre Stimme geben werden. Das kann gar nicht anders sein.“ Damals hatte er unrecht.
Ich möchte nicht Kevin Kühnert sein, in dieser so unendlich ekligen und ratlos machenden Situation.
Und gleichzeitig brauchen wir sie, die feinen, klugen, zähen, politisch denkenden und agierenden Profis, die auf das Gute und den Verstand bestehen.
BLEIB STARK, KEVIN KÜHNERT.
„Es ist etwas dunkel geworden.“ (Schauspieler am Lehniner Platz)
„Fickt euch!“ (Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Sex, Körper und Feminismus, Buchpremiere und Show am 25. September)