22. Dezember 2024, Vierter Advent
Unten, in der großen Küche: das SCHMORGERICHT (Rezept: Anna Meier, Zürich), filling the Gänge und Treppenhauser with a all comfortable smell of Zimt, Rotwein, Rosmarin, Lorbeerblädder. Die Jungs von Carl waren erfolgreich zum Bahnhof gebracht worden, sie sahen wieder wie die perfekte oberfränkische Boyband aus, schwarz gekleidete junge Männer, schulterlange Haare oder dieser englische 1980-The-Specials-Ska-Kurzhaarschnitt, Schiebermützen, Zigaretten hinter den Ohren (verkaterte Heimfahrt über Leipzig mit RE und ICE nach Berlin, perfekt).
Die Geschenke sind eingepackt. Unten steht der große Delikatessen-Korb, von Martin bei der Factoria/ Selb kuratiert und zusammengestellt (Danke, Martin), der dann um 18 Uhr zu Christl gebracht werden möchte (denn Christl sagt die Wahrheit, you know that, folks, auch heute und ganz besonders natürlich am 4. Advent).
The Schnee: rieseling an der Grenze vom Regen hinunter auf den Stein, das Granit und die grünbraungrauen Dezember-Böden. Alles brüllt: Sei feierlich, freu dich auf Weihnachten, warte noch ein bissl bis zum ersten Bier — aber dann, dann trinke wieder eher eins zu viel, das ist klug, denn morgen kommt die Verwandtschaft, so gehört es sich, das ist richtig und gut so und anstrengend für alle, und da sind die mit leichtem Kater klar im Vorteil.
Für gestern Vormittag um zehn hatte ich Rehwagen, Michael vorgeschlagen, dass wir das Vorweihnachtstreffen zum Beispiel beim Bäcker Sohns am Rathausplatz stattfinden lassen könnten. Er schrieb: passt. Und dann zehn Minuten später: Komm mal hinter den Schönwalder Markt, und schickte eine digitale Wegbeschreibung mit, zehn Schritte hinter dem ehemaligen Diska-Markt war der Treffpunkt, wo noch kein Mensch je vor uns gewesen war, was sollte da bitte sein, das war ja schon wieder alles maximal aufregend.
Um kurz vor zehn eingetroffen, war der Rehwagen dann mit einem Schönwalder Bürger im Gespräch, engagiert, ernst, kristallklar, so stellte man sich den oft beschworenen, eben doch nicht erfundenen, sondern sehr realen Zusammenhalt in der Kleinstadt vor — man kennt sich, man hilft sich, wo man kann. Wir öffneten eine Glastür und standen mit anderen vorweihnachtlichen Bürgern in einem, ja sagenhaft, zirka zwanzig Quadratmeter großen gekachelten Raum: Die Hobbybrauer von der Schönwalder Neucherl-Bräu füllten hier live, für jedermann zu begutachten ihr Weihnachtsbier in die 0,75-Bügelflaschen ab („böhmisch dunkel, leicht röstig, vollmundig, hopfenaromatisch“, so die Eigenwerbung) und verkauften die dunkel schimmernden Flaschen den geduldig anstehenden Männern. „Das wollte ich dir mal zeigen“, so Michael. Das finde ich gut, dass ich das mal sehe, vielen Dank, Michael!
Und wir hauten, hoppla, jeder zwei Humpen von dem köstlichen braunen Bier weg, es war noch keine elf Uhr, und diskutierten — Internationaler Frühschoppen mit Werner Höfer — über die dämliche FDP, den nicht so schlechten Habeck, und über Lars Klingbeil, den wir für 2029 dann spätestens als Kanzler haben wollten (hör, wie hier über dich gesprochen, Lars Klingbeil). Carls Jungs lagen zu der Zeit noch gut zwei Stunden lang in ihren Betten.
Schnee rieseling. Und jetzt müssen wir rasch rüber zur Christl, über die Felder, über Eulenhammer und Fohrenreuth.
Im Moment ist ein angenehmerer Vierter Advent oder Sonntag vor Weihnachten nur schwer vorstellbar. Ein Teil von mir mir will wieder gleich sagen: Glück ist Schmerz, ein drückender und tief melancholischer, aber das ist Quatsch: Glück ist Glück, fertig aus. Wie schrieb ich neulich Rainald — einer dieser Sätze, die einem die Wesen von oben diktieren: Das Leben ist simpel und schön und macht auch sonst wenig Probleme. Danke, lieber gerechter, starker, dunkles Weihnachtsbier trinkender fränkischer Gott.