24. Februar 2025, Montag
„Da ist er also, der berühmte 24. Februar, der Tag danach“ (Rainald Goetz auf Insta). Und tatsächlich: Man möchte heute so viel Zeitung lesen und Kram checken wie kein Mensch an einem Tag checken und lesen kann.
Fragen, Fragen, Fragen.
Warum bleibt eigentlich die beschallerte schwäbische Hausfrau (Saskia Esken)? Auf die hat doch wirklich niemand mehr Lust, nicht mal die gestrigsten SPD-Spießer.
Der Gesichtsoperierte (Kubicki) erklärt erst seinen Rücktritt, erwartungsgemäß, wie es sich gehört, und möchte dann doch lieber gleich Bundesvorsitzender der FDP werden? What? Ich bin dafür, dass nur die Parteisoldaten eine Partei führen dürfen, die noch nicht öfter als drei Mal pro Nacht zum Pinkeln rausmüssen, sorry, sorry.
Erfreulich: Dass der Hamburger-Schule-Gitarrist Lars Klingbeil nun doch noch ein bisschen bleibt, ich halte viel von ihm, so stelle ich mir eigentlich einen modernen Politiker vor (ernst, maßvoll, mit Kompass im Kopf, in dem die sozial Schwachen nicht ausgegrenzt, verhöhnt und vergessen werden)
Natürlich irre geil: dass Wilhelm Pistorius (heißt er so?) Verteidigungsminister bleibt, THE MAN, THE BODY, unser „Bring mir mal ne Flasche Bier“, der Gerd Schröder nach Gerd Schröder, alle lieben ihn, ich auch, er wird dann in vier Jahren Kanzler, wissen alle, er soll den Scheiß-Russen Angst einjagen und uns, die Deutschen, endlich kriegstüchtig machen, alles unter 3,5 Prozent ist Mist (klingt alles so ironisch, merke ich gerade, meine das aber alles sehr ernst).
82,5 Prozent Wahlbeteiligung: natürlich toll.
Erfreulich ist natürlich auch die neue Linken-Rakete (Name gerade vergessen), bissl kreischig, bissl Four-Non-Blondes-mäßig, aber heyyy (sicherlich hat sich Gegor Gysi, der alte Womanizer/ die Flirt-Rakete der Linken, schon längst wieder in sie verliebt). Es macht einfach Freude, neue Gesichter zu sehen, die offenkundig goldrichtig sind in der Politik (Stimme, Sprache, attitude, Wumms, good looking Tätowierungen), auch wenn man mit den Inhalten bei dieser Person natürlich eher nicht glücklich sein kann. Welcome again im Deutschen Bundestag, Frau Heidi Reichinnek!
MadW sagt, dass es insgesamt keine ganz misslungene, keine katastrophale Wahl war, eventuell ist das sogar ein ganz gutes Ergebnis.
Es war heute Nacht gegen vier Uhr, als mit dem vorläufig amtlichen Wahlergebnis das Aufautmen kam:
Die nationalsozialistische Kleine-Leute-Partei BSW unter fünf Prozent und endgültig nicht drinnen und damit gesichert, dass der Nicht-Nazi-Block weiter eine Zwei-Drittel-Mehrheit hat und, zweitens, noch wichtiger, eine Zwei-Fraktionen-Koalition (Union, SPD) und eine halbwegs stabile und arbeitsfähige Regierung entsteht, die — trotz Dauerhetze der Weidel-AfD und einer irre durcheinander purzelnden Welt (EU und NATO in Auflösung) — über vier Jahre trägt.
Ich freute mich auch, dass die AfD nicht bei 25 Prozent durchs Ziel ging, ich hatte das für wahrscheinlich, ich hatte das für möglich gehalten, sondern ihren Wähleranteil nur verdoppeln konnte, auf jetzt rund zehn Millionen Stimmen (muss man hier gleich dazu sagen, dass die DDR praktisch geschlossen rechtsradikal gewählt hat? Ja, das muss man auch sagen, das ist nicht gut).
Die Nachrufe auf die FDP sind, so weit ich das lese, allesamt mitleids- und gnadenlos und vollkommen verheerend, weil es über diese Partei eben nur noch Mitleidloses, Gnadenloses, Verheerendes zu sagen gibt („Mit der FDP verlässt der Kleingeist, der stets verneinte, den Bundestag“, Süddeutsche). Meine Prognose: Als Nächstes lässt sich Christian Lindner von seiner bösen, kalten Model-Frau scheiden, und dann verdient er Geld, Geld, Geld (ain‘t no right life in wrong life, sorry).
Gerade eine — für unsere Verhältnisse — recht konfrontative Diskussion per SMS mit einem treuen und langjährigen Freund gehabt, er hält Politiker mehr oder weniger allesamt für lächerliche Schwachköpfe oder gleich, vielleicht weil asoziales Draufhauen ja immer noch einen Grundkern des Respekts beinhaltet (Paradoxie), für Wichser. Und er beruft sich dabei auf die GRUNDFREIHEIT DES KÜNSTLERTUMS. Ich finde das erfrischend und grundrichtig. Und eben auch grundfalsch — ich will mit dem dauernden Verachtungs-Theater für Politikerinnen und Politiker nichts zu tun haben (aber ich leide ja mittlerweile eher an der gegenteiligen Krankheit, einer Art Philosemitismus für Gewählte. Bei ihnen, den Heldinnen und Helden des Volkes, den Berufspolitikern, bin ich grundsätzlich bereit, eine Grundsympathie und einen hohen Kredit an Achtung für diesen Höllenjob einzuräumen).
Gegen acht Uhr abends gestern schickte Paul Seehausen aus 16792 Zehdenick eine SMS: Der Bürgermeisterkandidat der AfD steht in der Stichwahl gegen den Nicht-Nazi-Kandidaten. Mit 41,2 Prozent ist Zehdenick derzeit die AFD-Hochburg Nummer zwei in Brandenburg (nach Liebenwalde mit 41,7 Prozent).
Glück auf, Friedrich Merz.
Melancholie (Goetz).