25. Februar 2025, Dienstag

Wer hat eigentlich je irgendwo Vertrauen zurückgewonnen? Ist das –– Vertrauen –– eine Währung, mit der in der Politik sinnvollerweise bezahlt, agiert und kommuniziert wird, am Arbeitsplatz, in der Wissenschaft, bei Bank- und Immobiliengeschäften? 

Mir kommt das widersinnig vor. Ich vertraue meiner Ehefrau (nicht immer, aber grundsätzlich gerne), aber der CDU? (Ach so, noch mal anders, ich habe ja gar keine Ehefrau, sorry). Vertrauen die Görlitzer der AfD, weil sie Tino Chrupalla dort mit 48,9 Prozent gewählt haben? Oder machen sie einfach bei der Partei das Kreuz, die ihnen die radikalste Abwicklung alles Bisherigen, den größten Bruch, das meiste NEU verspricht?

Die ganze Idee des Zurückgewinnens: eher nicht realistisch. Ich habe eigentlich noch nie erlebt, dass etwas zurückgewonnen wird (Vertrauen sowieso nicht, aber auch nicht die kleineren Dinge –– was dann zurückkommt, sind neue Dinge auf neuen Feldern von ganz anderen Leuten, aber sicher nicht das Vertrauen der Ostsachsen, auf das die Strategen der großen Wahlverlierer jetzt so gebannt starren). In Gelsenkirchen, in Kaiserlautern, im Erzgebirge und in den Jugendstil-Villen in Dresdner Weißen Hirschen hat man Bock, diese noch immer neue, kaputte, dreist das Blaue vom Himmel heruntererzählende und komplett asoziale Partei zu wählen. Das Markenzeichen dieser Partei ist, dass sie in Ländern und Bund noch nicht in Regierungsverantwortung war. Die Leute wählen die AfD, weil sie, kurz gesagt, nicht CDU, SPD, Die Grünen und Die Linke heißt. Ein Angebot der etablierten Partei werden sie, ganz gleich, wie dieses Angebot ausfällt, nicht annehmen, schon deshalb, weil ja auch die AfD kein Angebot macht — nur waghalsige, unrealistische Versprechen, sinnlose Zerstörung, Rückführung in den Nationalstaat der 1990er-Jahre (konkret: wirtschaftlicher Selbstmord bei gleichzeitiger Auslieferung an die Energiepolitik Wladimir Putins und in die militärische Einflusszone Russlands und Chinas). Mit diesem Angebot aber können die etablierten Parteien nicht konkurrieren, ohne ihren Markenkern des Nicht-Komplett-Geisteskrank-und-Verantwortungslos-Sein aufzugeben.

Eine Urfrage bei der Bekämpfung der AfD in den nächsten vier Regierungsjahren, noch einmal anders gestellt, lautet also:

Welches ANGEBOT können wir den jungen und hübschen Nazis von Görlitz machen? Und noch mal ganz anders bzw. in dieselbe Richtung: Welches sinnvolle politische Angebot lässt sich einer Wählerschaft machen, die gegen sinnvolle politische Angebote immun ist — mehr noch: die Spaß daran hat, die konstruktiven und sinnvollen politischen Angeboten der etablierten Parteien abzulehnen und in den Wind zu schießen, weil sie in ihnen den Markenkern eines Systems erkennt (Mehrparteien-Demokratie, Meinungsfreiheit, Pluralismus), mit dem sie seit Fall des Eisernen Vorhangs nie wirklich warm geworden ist und das sie, spätestens dann bei Einzug der AfD in den Bundestag vor dreieinhalb Jahren, offen verachtet, bekämpft, überwinden und durch ein autokratischen Regierungssystem ersetzen möchte?

Noch kürzer gesagt: Welches konstruktive und realistische politische Angebot kann es aufnehmen mit der herrlich destruktiven, in ihrer DNA natürlich auch antidepressiven, auf paradoxe Art für Hoffnung und Aufbruchsstimmung sorgenden, für junge Menschen logischerweise auch deshalb attraktiven Fuck-Up-Party der AfD?

Ich habe keine Ahnung.
Ich habe — keine Ahnung.

Just think about it, Merz, Klingbeil, Brantner. Aber das tut ihr ja sicher eh.