30. Oktober 2024, Mittwoch

Seit acht Tagen nichts geschrieben, wirklich gar nichts, und mich hier nicht ausdrücklich abgemeldet, sorry, sorry, das darf nicht zu oft vorkommen. Problem: wenn der Autor des Killer-Blogs Meldungen aus dem Wald sich gleich über mehrere Tage nicht im Wald aufhält — es verändert den Swing des Geistes und damit die Möglichkeit, hier überhaupt irgend etwas zu sagen, natürlich ist das so, auch das darf nicht zu oft vorkommen, sorry, sorry, schon klar.

Leude, die ich beim Igor-Levit-Konzert am vorgestrigen Montagabend in Berlin im Foyer der Großen Philharmonie zufällig traf, eine Auswahl:

Paul Ronzheimer, Kriegsreporter und sicherlich auch immer noch on board der Chefredaktion der Bild-Zeitung, natürlich auch namensgebender Podcaster des überaus erfolgreichen Podcasts Ronzheimer
Joachim Gern, Fotograf (nicht angesprochen)
Herr Müller, in Hamburg stadtbekannter, stets weißbejackter, schockierend geistescharfer Bartender im Hotel Vier Jahreszeiten, Hamburg, mit Freude an, für Bartender natürlich total verbotenen politischen Diskussionen (erkannte ihn ganz aus der Ferne am durchsichtigen Bill-Blass-Brillengestell im Parkett, leider auch nicht gesprochen, er war zu weit weg)
Daniela Katzenberger, Trash-Ikone und ihr Immer-wieder-und-immer-noch-Mann Lucas Cordalis (ausführlich unterhalten, ich soll schön grüßen, es geht ihr gut, Lucas war leider die ganze Zeit am Handy, schade, schade)
Antonia Baum, Mega-Autorin, unter anderem Die Zeit Feuilleton (ich zu ihr: „So schön, dich zu sehen, ich bin heute extra wegen des Konzerts reingekommen“, sie, wie immer ziemlich lustig, auch schlagfertig: „Ah ja, gleich reingekommen, ja?“)
Evelyn Roll, die Grande Dame der Süddeutschen (darf man das so sagen?, sorry, sorry), immer auch Merkel-Biografin, mit ihrer blonden Passage im vielen, dunklen Haar stets gut auf die Ferne zu erkennen, wie immer war es ein sehr gekonnt beiläufiger Auftritt  („Ich weiß ja schon wieder alles, du bist jetzt mit einer ganz tollen Frau in Zürich zusammen, das hat mir die Dings erzählt, ich weiß, ich weiß, so toll, ich freue mich, it will last, mein Lieber, it will last“). 

Igor spielte, für mich überraschend, nach der Chromatischen Fantasie und d-Moll-Fuge von Bach dann doch nicht die C-Dur-Fantasie von Schumann (hatte mich sehr drauf gefreut), sondern die Brahms-Balladen. War dann letztlich doch nicht so überraschend, wie ich später herausfand, es stand ja genau so im Programm. Ich habe nie — nie — einen so tosenden Applaus für einen Pianisten erlebt, und ich komme hier, in Deutschlands sicherlich schönsten Konzertsaal, seit meinem etwa siebten Lebensjahr immer wieder hin. Das Publikum rauschte nach vorne, es war richtig Druck auf dem Kessel (nach dem vierten Satz des Liszt‘schen Transkription von Beethovens Siebter, die Igor mit dem ganzen Körper förmlich rausgebrettert hatte). Und Igor, der Pianist, auf den sich gerade alle einigen können, schien beim tosenden Applaus, der von oben, unten, von hinten, von vorne und von allen Seiten kam, mit seinem ganzen Körper zu sagen: Ja, klatscht. Brüllte mich an. Ich finde auch: Das war heute sehr gut.  

Beim Drink im Grill mit dem einladenden Onkel saß dann, an Bartisch Nummer drei, gemeinsam mit Igor und unserem Freund Paul, der wirklich immer besser aussehende, enorm madmanige Springer-Inhaber und -Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner (wie sagt man da? Ach so, stimmt ja: „Guten Abend“). 

Was ist morgen? Halloween? Entschuldigung, aber darunter kann ich mir gar nichts vorstellen. Ich bin Zentraleuropäer, im Jahr 1970 geboren, in den letzten zirka 15 Jahren habe ich geistig leider stark abgebaut (sorry, sorry, Riesenthema #Älterwerden).

Morgen außerdem, um 13 Uhr: zweite Besprechung zur Forsteinrichtung, die noch in diesem Herbst angegangen werden soll. Waldinventur. Errechnung des Hiebsatzes, der dann für die nächsten zehn Jahre gilt. 

Noch zwei Sätze dazu, was es praktisch immer ZU BEDEUTEN hat, wenn hier tagelang kein Text erscheint: It is love. Sorry, Freunde, aber exakt das ist es. Vollkommenes Aus, totaler time out, Zeitkapsel, totale Gnade. Alles klar, Leude, dann wissen wir das jetzt auch. Es gibt tatsächlich nichts zu melden, nichts rauszuhauen, nichts klarzustellen, wenn das Liebesding im Kopf ist, im Körper, in da house. Habt Geduld mit mir, Leude, Danke, Danke. Morgen mehr.