4. April 2025
Fürs Wochenende nach München. Nur kleines Gepäck: die alte Felisi-Tasche (dunkelblauer Stoff, schwarzes Leder, um 1999 bei Andreas Murkudis machen lassen, schönen Gruß).
Jacke: Alpha Industries.
Atemberaubendes lustiges Telefonat mit Freund Christian Kämmerling (ach, alter Freund).
Andi Bernard: möchte den Internationale-Literatur-Kanon-Spiegel schicken, den ich verpasst habe (super, Danke).
Die Dinge häufen sich, über die ich als quasi ex-anynomer MadW-Reporter einst — vor knapp einem Jahr — noch frei und locker und ohne zur Verantwortung gezogen zu werden berichten konnte (was ist eigentlich aus meinen großartigen, naturgemäß alle sehr herausfordernden Gedanken und Thesen zu meinem Sexualleben geworden? Na, eben!). Ganz einfach: Weil ich mittlerweile eine echte Leserschaft habe, besonders auch hier in der Region, ist die Freiheit, explizit die literarische — aber auch die nicht ganz unwichtige Freiheit, einen schönen asozialen und überschnappenden und wirren Unsinn zu erzählen — dahin. Und ich werde von meiner Leserschaft auf meine Textlein angesprochen, beim Kaffeetrinken beim Schwarzen Peter, im herrlichen Edeka-Supermarkt (prämiert als bester Supermarkt von Südthüringen und Nordfranken), ja sogar beim Spazierengehen im Wald. Und, äääää, das ist ja auch: eine sehr schöne Sache. MadW grüßt seien Leserinnen und Leser in der hochfränkischen Heimat!
Trump, Zölle, Rosengarten, Kasperle: kein Kommentar.
Maxim Biller erinnert in seiner Zeit-Kolumne an den Ausflug mit Rainald irgendwohin aufs bayerische Land. Es war der Sommer 1993 (Wahnsinn, das ist also auch schon 52 Jahre her), und es war der Nachmittag mit der geilen bayerischen Sonne, mit Unter-Apfelbäumen-Sitzen und mit Kuchen, und wir debattierten, immer heftig, unter anderem über Maxims Vorschlag, in einem gedruckten Fanzine namens Wächter des Feuilletons (haha) das Feuilleton zu überwachen, also Maxim-style, das doofe, eingeschlafene, spießige Feuilleton mit kleinen, sehr wütenden, sehr lustigen schriftlichen Einwürfen zu attackieren, die das INTELLEKTUELLE KLIMA bei uns im hübschen, eingeschlafenen, 1993 ganz knapp noch nicht total egalen München mal wieder bisschen auf Trab bringen sollte. Und im Porträt über Rainald, das als Resultat aus diesem Ausflug in der Zeitschrift Tempo erschien, war auch das Zitat, das mir schon damals so eine Freude gemacht hatte und das heute in Rainalds Wiki-Eintrag vorkommt: Er, der porträtierte Schriftsteller, denke darüber nach, von München nach Berlin-Wedding zu ziehen: „Ich muss ein paar Prolos sehen, wenn ich morgens aus der Haustür trete.“
Jetzt ist wieder das passiert, dass schon so viele Leute den neuen Christian Kracht gelesen und mir sehr genau und lebhaft erzählt haben, was daran Kracht-artig verspielt und besonders und insgesamt aber leider wieder arg künstlich und irgendwie leer bedeutungsschwer und aufgeblasen ist, dass ICH ES SELBER LEIDER NICHT MEHR LESEN WERDE. Schade. Ich fand ja Eurotrash eins der schönsten Bücher überhaupt, vielleicht meinen Lieblings-Kracht. Meine Schwester Katharina erzählte, sie habe ihn, den Schriftsteller, der jetzt ja wieder seine Barbour-Jacke trägt (so schön), natürlich bei der Buchmesse in Leipzig getroffen, bei der Tropen-Party, und er habe gesagt, schon eingeschnappt, aber auch wieder krachtig eigenartig/ lustig/ widerspenstig: „Den kriege ich einfach nicht“ (den doofen, im Vergleich zum Frankfurter Preis ja auch nachrangigen Preis der Leipziger Buchmesse). Nachsatz Kracht: „Dafür gewinne ich dann eben den Booker Prize.“ Cool.
Im Zug: Das pralle, ultra-selbstbewusste, extra derb und nachschnalzend und krachledernd rausgelederte Oberbayerisch der Schaffnerin geht mir so auf den Sack (ja, weil wir Franken die klügerer, gebrocheneren, ärmeren, stylischeren, moderneren Bayern sind, genau so). Ich höre nur noch: Bayerisch als Sprache/ Dialekt der Vorabend-Serien im öffentlich-rechtliche Fernsehen.
The Geruch von Gülle.
Ich kann noch die Sonne genießen, ohne daran zu denken und das auch unentwegt zu sagen, dass der Wald DRINGEND REGEN bräuchte. Aber vielleicht ist das mein letztes Jahr, an dem ich das kann (nächstes Jahr bin ich nur noch Waldbesitzer, nicht mehr Sonnengenießer).
„Nein, nicht danken.“
„Stimmt, danken ist immer scheiße (…) nie bedanken, nie entschuldigen.“
„Danke.
„Wir tun immer, was wir wollen.“
„… möchte ich hinzufügen, dass ich, wie viele Menschen in Deutschland, unter Schlafstörungen leide.“ (Stephan Weil, seit 2013 Ministerpräsident in Niedersachsen, im Moment des angekündigten Rücktritts).