4. Juli 2025, Freitag

Morgens ab sechs: die brüllenden Porsche von Zürich-Seefeld.

Erst gestern war der wie immer wunderbar temperierte und gut riechende FlixBus von München und Zürich gefahren. Erinnerungen an vier Sonnentage in Sophienreuth, Montag bis Donnerstag:

Driften zwischen Edeka, Freibad, der großen Terrasse.
Der neue Sonnenschirm von Weishäupl (altrosa).
Early Morning Visiten bei Randolph und Jacklestone und ihrem seit Anfang dieser Woche wieder fahrendem Harvester. Randolph: „Zwei Generationen sind durch, ein schlimmes Käferjahr kann das heuer nicht mehr werden — also, da müsste ich mich schon sehr täuschen“ (ich traue dem Frieden noch nicht).
Bei Spätnachmittags-Sonne dann Grillen mit den Selber und Schönwalder Freunden, immer im Blick, dass der Onkel vieles, vieles für okay und machbar hält, aber:

„Grillen ist wirklich das Allerallerletzte — echter Hass, Abscheu, ganz böse Gefühle, es tut mir leid: gerne Fußball bei offenem Fenster, gerne brüllend laute Discomusik, aber gegrillt, das wird bei uns wirklich nicht.“

Sehr schöne Kritik von Ijoma Mangold in der ZEIT über Albert von Schirnding, den Lehrer und Autor, und sein neu erschienenes Erinnerungs-Buch (War ich da? Von Ankünften und Abschieden). Von Schirnding, dieser allein schon wegen seines Namenszug irgendwie vertraute Mensch — ich habe ihn ja in Echt nur sehr peripher, dafür über gefühlt schon immer gelesen (Siebziger-, Achtzigerjahre), als Autorenzeile in der Süddeutschen. Bei seinem Besuch in Sophienreuth hatte ich Rainald gefragt: „Wer ist denn das jetzt noch mal genau?“, und Rainald hatte erzählt, in einem sehr schönen Klang, von seinem Schüler-Lehrer-Verhältnis (Ludwigsgymnasium München) und wie sich das gewandelt hatte, über die Jahre, mit dem Blick des Lesers von Schirndings Büchern und Zeitungstexten, eventuell dann wohl in doch so etwas wie eine Freundschaft, noch mal anders, noch mal komplizierter — was ein guter Lehrer eben so anrichten kann bei seinem Schüler, mit Folgen für dessen ganzes Leben (siehe hierzu auch Rainald Goetzs Text in Wrong, dem hellen Buch).

Dieses auch in Ijomas Text beschriebene Sich-Heraushalten und gleichzeitig Voll-Mitmischen-im-geistigen-Leben hatte mich berührt, eben dieses Mischung aus Große-Schätze-an-Wissen-parat-haben-und-anwenden-können, dabei aber stets den FUNKEN und das Neue suchen beim Anwenden dieses Wissens und dieser Generalisten-Bildung und gleichzeitig auf das schöne Lehrerleben bestehen, darüber immer die Frage, ob er, „ein ganz gewöhnliches Schulmeisterlein“, dem Leben nicht zu ausweichend begegnet sei?

Bei Rainald heißt esder in Wrong noch mal gedruckte Text ist Nachwort zu Schirndings Jugenderinnerungen Jugend, damals, 2015 erschienen: „… was erzählt er von den verschiedenen Leben, die er gelebt hat und lebt, neben der Schule, als Kritiker neuester Bücher, als Berichterstatter von Kongressen, Vorträgen und Tagungen, als Grieche, Römer, Vorsokrati­ker, als Übersetzer und Interpret von Mythen und Märchen, als Theaterbegeisterter, Musikhörer und Gedichtevermittler, als Bibliothekar seiner eigenen, alten Bibliothek, als Sammler von Erstausgaben Thomas Manns, einst Secretarius von Ernst Jünger, gelebt hat immer wieder neu auch als Lyriker, der neue Gedichte schreibt, als Erzähler und Romanautor, als Schloß- und Waldbesitzer, Ehemann und Vater, als Mitglied von Akademien und Lesekreisen ….“. Rainald hatte dann auch gesagt: „Dein Onkel erinnert mich halt in vieler Hinsicht, vor allem aber in seinem Wesen, sehr an ihn.“ Wahr!

Vielleicht noch das: Dem Onkel selbst ist der ADEL als gesellschaftlicher und kultureller Hallraum, in dem man sich erkennt, versteht, wechselseitig bestätigt/ bestärkt und aufeinander bezieht, wieder absolut unsympathisch, da kommen gleich große Ungeduld und unwirsche Gefühle auf –– so weit, so normal, versteht man, verstehe ich gut!

“Ach, wenn‘s doch wieder bisschen grilliger würde, das Leben!“ (großer Stoßseufzer, späte Neunzigerjahre, von Christian Kracht)

#Utoquai. Motto: besser mit Badekappe als ohne Kopf.