4. Oktober 2024, Freitag
Die überschnappende, seiernde, leiernde, jauchzende Live-Demo-Stimme der Sahra Wagenknecht, durch schlechte, krächzende Lautsprecheranlagen verstärkt („NEIN zu den US-Raketenplänen, NEIN zu Kriegen, und FÜÜÜÜR Verhandlungen“), die eine ultraschlichte, bewusst simplifizierte, aufgesetzt neunjährige Weltsicht à la Grimms-Märchen wiedergibt: purer Horror. Sie ist einfach die trostloseste, verlogenste Lügenkuh der deutschen Politik. And she knows it (und ihre dicker, E-Bike fahrender, weinrote Seidenhemden tragender, westdeutscher Ex-Gewerkschafts-Dödel-Ehemann weiß es sowieso). Wegen ihr habe ich noch mal einen ganz neuen, von ganz anderer Seite kommenden Hass auf PERLENKETTEN bekommen (bisher immer recht naheliegend als das Accessoire der fett gefressenen, saturierten, gleichzeitig gierigen und angepassten Materialisten-Neocon-Adelsgirls in den Achtzigerjahren im Internat gehasst).
Ich hasse einfach Friedensdemos, dachte ich heute wieder, schon immer. Allein das DU der Friedens-Hetzerin Wagenknecht, wenn sie vor ihren belömmelten Friedens-Schafen, die Putin lieben, am Berliner Breitscheidplatz steht. Die eine Seite ist ultradumm (in eine kindliche „Ich kneife die Augen zu, dann geht der böse Mann weg“-Weltsicht zurückgezogen, „Die Welt soll wieder heileheile sein“), die andere ultra-verlogen. Keine gute Kombination.
Zum klassischen Antikriegs-Aktivisten-Öko-Talk gehören, wie man bei der seiernde Friedens-Aktivistin Sahra Wagenknecht noch mal hörte, die Worte:
Wahnsinn.
Irrsinn.
Gerne auch: Wahnwitz (kotz).
Und uns wird erzählt …
Genau, liebe Sahra, dir und deinen Friedens-Schafen wird erzählt, euch wird übel mitgespielt, und ihr müsst schlucken, schlucken und dürft eure Meinung nicht sagen, in dieser miesen Diktatur, die uns hier gelebt wird — du armes Opfer, du kannst doch zwischen Wahrheit und Dichtung so schwer unterscheiden. Es ist ja auch schwer.
Während ich diese bewusst unterkomplexen, wieder mal mit großer Freude hingeschlampten Worte hinschreibe, ist mir die ganze Zeit bewusst, dass ich — einige Woche, bevor ich im Mai mein einjähriges Sabbatical bei ZEIT-Feuilleton und ZEITmagazin einreichte — das ich das mit ihrem Büro vereinbarte Interview „99 Fragen an Sahra Wagenknecht“ gleich ZWEI MAL abgesagt hatte, auch noch: kurzfristig abgesagt hatte, also ungehörige, für mich peinliche zwei Tage vor Termin. Einfach: weil mir bewusst war, dass ich der Teufelsfrau Sahra Wagenknecht mit meinem aus dem Jahr 1998 stammenden Konzept der schnellen Fragen NICHT GEWACHSEN sein würde. Kurz gesagt: Ich wusste, dass sie über mich hinwegwalzen und mich einstecken würde, und mein Interview nach Erscheinen, unter anderem in der Großen Donnerstag-Konferenz der ZEIT, als vergebene Chance beurteilt werden würde, und das völlig zu recht. Diesen Sieg der Sahra Wagenknecht über mich und die große und sehr gute Zeitung, für die ich arbeitete — der ihr, auch das war gleich klar, in ihrer großen Presseroutine vollkommen gleichgültig sein würde — den wollte ich nicht. Und heute weiß ich: Eine Schlaffheit meinerseits war es gewesen. Ich hätte mich, der ich ahnte, was für eine HÖLLENHÜNDIN die Sahra Wagenknecht in Wahrheit war und wie in aller nächster Zeit ultrawichtig und erfolgreich sie in diesem Land noch werden würde — von ihrem nahen Austritt bei der Linken und ihrer Parteigründung war ja seit Sommer letzten Jahres andauernd die Rede gewesen — ich hätte mich einfach hinsetzen und meine ARBEIT tun sollen (also das Interview vorbereiten, führen, hinschreiben, alles wie immer, denken, scharf stellen, einfach in Ruhe meine Arbeit tun). Fehler.
Da sitze ich, am Freitagabend gegen halb elf. Und verdaue das köstliche Stück Riesenfleisch (mit Sauerkraut und Klößen), das der Wirt des Alten Pfarrhaus in 95173 Schönwald/ Göhringsreuth mir zum Abendessen gegeben hat.
Jetzt beruhige ich mich mal wieder ein bisschen. Okay. Lohnt ja alles nicht. Doch, lohnt immer.
#Love
Ja, es stimmt, es macht mich immer ganz nervös, wenn ich mit dir FaceTime telefoniere, ich kann es es nicht, gleichzeitig finde ich es natürlich auch toll (sorry, sorry). Ich bin wohl Generation Telefon (zur Zeit der ersten großen Ölpreiskrise geboren). Schlaf gut, mein Liebling.